Nach den «Early Movers» steigen nun auch breitere Teile der Bevölkerung auf ein Elektroauto um. Diese Personen sind weniger risikoaffin und haben höhere Ansprüche an die Elektroautos und die öffentliche Ladeinfrastruktur. Dies führt zu neuen Herausforderungen. Um das Laden nutzerfreundlicher zu machen, hat die EU kürzlich neu Vorgaben verabschiedet. Lesen Sie in diesem Blog-Beitrag, was damit auf die Ladestationsbetreiber zukommt, wie die Situation in der Schweiz aussieht und welche neuen Technologien ein reibungsloses Laden ermöglichen sollen.
Medien und Konsumentenschutz-Organisationen fordern Verbesserungen
Das Laden von Elektroautos an öffentlich zugänglichen Ladestationen stellt für viele Nutzerinnen und Nutzer eine neue Erfahrung dar, die sich stark vom klassischen Tankvorgang unterscheidet. Dabei treten neue Herausforderungen und zum Teil auch Probleme auf. Die Medien und Konsumentenschutzorganisationen greifen diese Themen regelmässig auf und fordern Verbesserungen. So hat zum Beispiel der Schweizer Preisüberwacher kürzlich eine fehlende Transparenz bei Tarifen für das Laden an Ladestationen bemängelt und Verbesserungsvorschläge in seinem Newsletter vom Juli 2023 veröffentlicht.
Nutzerfreundliches Laden als Zielsetzung auf nationaler Ebene
Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Branchen sowie von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden haben sich im Rahmen der nationalen Roadmap Elektromobilität 2025 zum Ziel gesetzt, dass in der Schweiz bis Ende 2025 insgesamt 20‘000 öffentlich zugängliche Ladestationen zur Verfügung stehen sollen (siehe dazu auch diesen Blog-Beitrag). Neben dieser quantitativen Zielsetzung zur Ladeinfrastruktur gibt es auch ein qualitatives Ziel: das Laden unterwegs soll nutzerfreundlich sein (siehe 3. Ziel in der Abbildung unten). Um einen Beitrag an die Erreichung dieses Ziels zu leisten, engagieren sich einige Akteure der Roadmap mit entsprechenden Massnahmen.
Daneben gibt es weitere Initiativen, um die Nutzerfreundlichkeit beim Laden weiter zu verbessern. Der Verband Swiss eMobility ist beispielsweise mit seinen Mitgliedern aktuell daran, einen Branchenstandard zu erarbeiten. Dieser soll unter anderem die Bezahlung für das Laden intuitiver und transparenter machen.
Neue Vorgaben in der EU sollen das Laden nutzerfreundlicher machen
In der Europäischen Union ist ebenfalls einiges in Bewegung, um das Laden nutzerfreundlicher zu machen. Im Juli 2023 wurde die neue Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) verabschiedet. Erstmals gibt es damit auch klare Vorgaben für Bezahlmethoden und Preistransparenz an den Ladestationen:
Ad-hoc-Zahlungsmethode: Die Nutzenden sollen an Ladestationen leicht und bequem bezahlen können, ohne dass ein Vertrag mit deren Betreiber oder einem Mobilitätsdienstleister geschlossen werden muss. Damit sollen komplizierte Anmelde- und Authentifizierungsprozesse der Vergangenheit angehören.
Kartenzahlung oder kontaktloses Zahlen: Ab dem 1. Januar 2027 muss an Ladepunkten mit einer Ladeleistung von 50 Kilowatt (kW) oder mehr mindestens eines der folgenden Geräte zur Verfügung stehen:
Zahlungskartenleser;
Geräte mit einer Kontaktlosfunktion, mit der zumindest Zahlungskarten gelesen werden können.
Abrechnung nach kWh: Die Betreiber öffentlich zugänglicher Ladepunkte mit einer Ladeleistung von 50 kW oder mehr weisen an den Ladestationen den Ad-hoc-Preis pro Kilowattstunde (kWh) und etwaige Nutzungsentgelte als Preise pro Minute aus, damit diese Informationen den Endnutzern vor Einleitung eines Ladevorgangs bekannt sind und der Preisvergleich erleichtert wird.
Preisbestandteile sichtbar und transparent: Die von den Betreibern öffentlich zugänglicher Ladepunkte berechneten Preise müssen angemessen, einfach und eindeutig vergleichbar, transparent und nichtdiskriminierend sein.
Barrierefreiheit: Grundsätzlich sollten die Standorte aller Ladestationen sowie die Ladestationen selbst so gestaltet sein, dass sie für möglichst viele Bürger, insbesondere ältere Menschen, Personen mit eingeschränkter Mobilität und Menschen mit Behinderungen, barrierefrei zugänglich und benutzerfreundlich sind.
Vorschriften zur Preisbekanntgabe an Ladestationen in der Schweiz
Diese Vorgaben der EU dürften mittelfristig auch Auswirkungen auf die Ladestationsbetreiber in der Schweiz haben. Vorschriften zur Preisbekanntgabe an Ladestationen gibt es auch in unserem Land. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO hat dazu im Jahr 2020 ein Informationsblatt «Preisbekanntgabe bei Elektro-Ladestationen» publiziert. Es soll bei der Anwendung der Preisbekanntgabevorschriften an den Ladestationen helfen. Rechtliche Grundlage ist die sogenannte Preisbekanntgabeverordnung (PBV), die sich auf das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb stützt. Zweck der PBV ist es, dass Preise klar und miteinander vergleichbar sind sowie irreführende Preisangaben verhindert werden. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Konsumentinnen und Konsumenten vor Vertragsschluss die zu bezahlenden Preise kennen.
Auch neue Technologien helfen die Situation weiter zu verbessern
Neue Technologien dürften ebenfalls dazu beitragen, dass die Nutzerfreundlichkeit beim Laden weiter verbessert wird. Verschiedene Autohersteller und Ladestationsbetreiber rollen aktuell zum Beispiel die Technologie Plug&Charge aus, um das Laden und Bezahlen an öffentlichen Ladestationen zu vereinfachen. Bei Plug&Charge handelt es sich um eine automatische Authentifizierung und Lade-Autorisierung auf der Grundlage eines einheitlichen Standards. Die Technologie soll RFID-Karten und mobile Apps überflüssig machen, indem das Elektrofahrzeug direkt mit der Ladestation kommuniziert.
Barrierefreier Zugang zu den Ladestationen sicherstellen
Auch dem Thema barrierefreier Zugang zu den Ladestationen sollte Beachtung geschenkt werden. In den vergangenen Jahren und Monaten gab es in der Schweiz mehrere Einsprachen von Behindertenorganisationen gegen den Bau von öffentlichen Ladestationen mit der Begründung, dass diese nicht barrierefrei zugänglich seien. Das Thema Barrierefreiheit sollte frühzeitig im Planungsprozess beachtet werden, um die Anliegen von Personen mit eingeschränkter Mobilität und Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen. Dies dürfte auch helfen, Projektverzögerungen zu vermeiden. Hilfsmittel zum Thema barrierefreier Zugang sind die SIA-Norm 500 «Hindernisfreie Bauten» und das Merkblatt 150 «Rollstuhlgerechte Ladeplätze».
Fazit: Das Laden muss noch nutzerfreundlicher werden
Zurzeit laufen verschiedene Aktivitäten, um das Laden nutzerfreundlicher zu machen. Es ist aber auch noch einiges zu tun. Wichtig ist, dass beim Übergang in den Massenmarkt die Anliegen und Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen noch besser berücksichtigt werden. Die Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur hat ein Thesenpapier «Einfach Laden» publiziert, dass dabei als Hilfsmittel genutzt werden kann. Anhand einer User Journey kann konsequent die Nutzeroptik eingenommen werden, vom Suchen einer Ladestation bis hin zum Kontakt des Supports. Ziel muss es sein, nicht nur dieselbe einfache Bedienung und Bezahlung wie bei Tankstellen zu erreichen, sondern diese auch zu übertreffen und ein reibungsloses Laden zu ermöglichen. Dies nicht zuletzt auch dank neuer Technologien.
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